Peugeot 5008 im ersten Vergleichstest | autozeitung.de

2022-09-03 09:24:16 By : Ms. Carol Lee

Die Kompaktvans haben Nachwuchs bekommen: Der Peugeot 5008 stellt sich den Familienmitgliedern von Opel, Renault, Toyota und VW im Test

Sie sind die wahren Helden unseres Alltags. Sie erledigen klaglos heikle Transportaufgaben nach einem nervenaufreibenden Baumarktbesuch, bringen ganze Familien reibungslos und günstig in das gewünschte Urlaubsparadies – solange eine Straße dorthin führt. Die Rede ist von Vans – einst eine Mode aus den USA, von Renault aufgeschnappt und auf das europäische Maß reduziert. Heute führt jeder Großserienhersteller ein entsprechendes Modell im Portfolio, der Konkurrenzdruck ist entsprechend hoch.

Würden Sie heute noch mal die Führerscheinprüfung bestehen? » Testen Sie Ihr Wissen beim spannenden Fahrschul-Test der AUTO ZEITUNG Neu im Clan der Familienfreunde ist der Peugeot 5008. Der geräumige Franzose tritt gleich gegen vier gut gewappnete Mitstreiter an, allesamt mit sparsamen Turbodiesel-Aggregaten ausgestattet. Das Leistungs-Spektrum reicht von 130 PS (Renault Grand Scénic), über 140 PS (VW Touran) bis zu 150 PS (Opel, Peugeot, Toyota). Und bis auf den Japaner sind alle Fahrzeuge mit einem manuellen Sechsganggetriebe ausgestattet. Den Verso bietet Toyota in der 150 PS-Version ausschließlich mit einer Sechsstufenautomatik an.

Viel Raum wollen alle fünf Kandidaten bieten, doch sieben Sitzplätze serienmäßig findet man nur im Opel Zafira. Das Flex7-Sitzsystem vereint eine durchgehende, verschiebbare Sitzbank mit drei einzelnen Lehnen in der zweiten Reihe mit zwei Einzelsitzen in der dritten Reihe, die sich in den Boden klappen lassen. Das gelingt aber nur mit erheblichem Kraftaufwand, da vorher die Fond-Sitzbank zusammengeklappt und nach vorn geschoben werden muss. Das gleiche Prozedere verlangt der Einstieg in die dritte Sitzreihe. Der Zugang gelingt ohne Verrenkungen oder Stolperfallen. Das Platzangebot reicht allerdings bestenfalls für Teenager.

Besonders positiv fallen im Opel der ebene Laderaumboden und die niedrige Ladekante am Heck auf. Mit bis zu 1820 Liter Ladevolumen und einer Zuladung von 589 Kilogramm ordnet sich der Zafira im Mittelfeld dieses Tests ein. Beim Aufpreis für zwei zusätzliche Sitzplätze scheint man sich bei der Konkurrenz im Stillen auf 700 Euro geeinigt zu haben. Da macht auch der neue Peugeot keine Ausnahme. Der 5008 bietet dann fünf voll versenkbare Einzelsitze im Fond. Ausklappbare, kleine Platten an den Fondsitzlehnen ermöglichen einen durchgehend ebenen Laderaumboden.

Ist die dritte Sitzreihe aufgestellt, ergibt sich ein gut nutzbares Fach unter diesen beiden Sitzen. Sie bieten sogar eine auch für Erwachsene akzeptable Kniefreiheit. Nur die fummelig zu montierende Laderaumabdeckung, das unverkleidete Heckklappenschloss und die teilweise nicht eben hochwertige Materialqualität mindern den guten Gesamteindruck. Auch bei der erlaubten Zuladung (618 kg) und der Ladekapazität (bis zu 1754 l im Fünfsitzer) kann sich der Peugeot nicht von der Konkurrenz absetzen.

Weitere neue Familien-Vans gibt es hier zu sehen: » Die neuen Kompaktvans ab 2009

Renault geht beim Grand Scénic einen anderen Weg der Variabilität: Die drei verschieb- und klappbaren Einzelsitze der zweiten Reihe sind zusätzlich auch demontierbar. Dies verhindert jedoch einen ebenen Laderaumboden. Renault und Peugeot offerieren Isofix-Halterungen an allen drei Fondsitzen. Die optionale dritte Reihe im Renault besteht aus zwei leicht herausziehbaren Einzelsitzen. Der angenehm tiefe Fußraum in der dritten Reihe steht im Gegensatz zu dem kaum akzeptablen engen Zugang. Der qualitativ hochwertige und sorgsam verarbeitete Renault fasst bis zu 2083 Liter Gepäck (7-Sitzer: 2063 l), darf aber nur 542 kg schultern. Positiv: Ein Zusatzfach im Ladeboden nimmt die Laderaumabdeckung auf. Toyota bietet den Verso grundsätzlich mit sieben Sitzen an.

Ein Verzicht auf die beiden Einzelsitze in der dritten Reihe wird jedoch mit einer Ersparnis von 700 Euro belohnt. Im geräumigen Verso überrascht nicht nur die gute Ellenbogenfreiheit auf allen Plätzen, sondern auch die beste Handhabung der Einzelsitze im Fond. Sie klappen sich mit minimalem Kraftaufwand in den Boden. Die dritte Sitzreihe ist für Erwachsene aber nicht nutzbar, weil dann der Knieraum in der zweiten Reihe gegen null tendiert. 635 Kilo Zuladung stehen im Gegensatz zum geringsten Ladevolumen von maximal 1740 Litern (7-Sitzer: bis zu 1696 l).

Der VW hat mehr zu bieten: Er fasst bis zu 1989 Liter (7-Sitzer: 1913 l) bei einer Zuladung von 619 kg. Jeder der drei verschieb- und klappbaren Einzelsitze in der zweiten Reihe ist nur mit einigem Kraftaufwand demontierbar. Die optionale dritte Sitzreihe faltet sich wie bei der Konkurrenz in den Laderaumboden. Das Platzangebot in dem kastenförmigen, vergleichsweise kurzen Karosserieaufbau ist ebenso ansprechend wie die gebotene Materialqualität. Auch bei der verfügbaren Sicherheitsausstattung markiert der Touran zusammen mit dem neuen Peu-geot die Spitze.

Zwar sind französische Autos mittlerweile weit vom sänftenartigen Federungskomfort früherer Tage entfernt, doch unter den fünf Probanden tragen der Peugeot und vor allem der Renault die angenehmste Feder-Dämpfer-Abstimmung unterm Blechkleid. Beide halten Fahrbahnunebenheiten gekonnt von den Insassen fern, neigen bei höheren Geschwindigkeiten und tiefen Bodenwellen jedoch mitunter zum Nachschwingen. Heftige Fahrbahnverwerfungen quittieren die Radaufhängungen des 5008 mit starken Poltergeräuschen.

Die beiden deutschen Kompakt-vans bekennen sich klar zu ihrer fahrdynamischen Ausrichtung  und verlieren beim Federungskomfort folglich etwas an Boden. Während das beim Touran zum Teil den optionalen 17-Zoll-Rädern und der damit verbundenen Karosserie-Tieferlegung um 15 Millimeter geschuldet ist, kann dies beim Zafira nicht als Entschuldigung aufgeführt werden. Seine Abstimmung fällt für einen Familienvan zu straff aus. Dass sich Fahrkomfort und -sicherheit nicht ausschließen müssen, beweisen vor allem die beiden französischen Familiengefährte.

Dem Toyota Verso kann man ebenfalls einen gelungenen Federungskomfort attestieren. Zwar tendiert auch er eher in Richtung straff, doch es gelingt ihm, besonders bei schnellerem Tempo und höherer Zuladung an Absorptionsvermögen zuzulegen und gleichzeitig die Aufbaubewegungen in Grenzen zu halten. Zudem ist beim Verso, der auf der Plattform des Toyota Avensis basiert, die akustische Entkopplung des Fahrwerks von der Karosserie mit Abstand am besten gelungen – Fahrwerkspoltern ist für ihn ein Fremdwort.

Beim Thema Sitzkomfort fallen die Unterschiede der fünf Kompaktvans nicht so deutlich aus. Am besten fühlt man sich auf den Touran-Polstern aufgehoben – sowohl vorn als auch hinten. Sie bieten guten Seitenhalt und sind bequem ausgeformt. Am anderen Ende der Bewertung rangieren die Sitzgelegenheiten des Zafira. Der Testwagen war mit optionalen Recaro-Sportsitzen (655 Euro Aufpreis) ausgestattet, die zu einem Familienauto nicht wirklich passen. Neben der zu hohen Sitzposition stört, dass sie bereits für normal gebaute Passagiere zu eng geschnitten und auf Langstrecken dadurch unbequem sind. Auch in der zweiten Reihe sind die Opel-Mitfahrer am unbequemsten untergebracht. Der Zafira verfügt als einziger über eine durchgehende Sitzfläche, deren Schenkelauflage zu kurz geraten ist, zusätzlich sind die harten Polster nur wenig konturiert. Beim Peugeot fallen die Einzelsitze im Fond etwas schmal aus. Unangenehmer Nebeneffekt: Das Gurtschloss drückt mitunter in den Oberschenkel.

Der Toyota hat bei den Sitzen große Fortschritte gemacht. Sie sind auch für großgewachsene Europäer ausreichend dimensioniert und angenehm straff gepolstert. Einziges, aber auch großes Manko: Die Kopfstützen lassen sich auf allen Plätzen nicht weit genug ausfahren und können im Ernstfall ein ernsthaftes Sicherheitsrisiko darstellen. Hier wurde offensichtlich in erster Linie an japanische Passagiere gedacht.

Alle Testkandidaten haben Turbodiesel unter der Haube, die sich dank üppiger Drehmomentreserven als ideale Antriebsquellen für die – mitunter auch stark beladenen – Familienvans erweisen. Die Leistungsspanne reicht dabei von 130 PS (Renault) über 140 PS (VW) bis 150 PS (Opel, Peugeot und Toyota). Abgesehen vom Touran vertrauen alle Hersteller auf Common-Rail-Einspritzung, während der Wolfsburger immer noch den Pumpe-Düse-TDI unter der Haube trägt. Dadurch büßt der VW einige Punkte ein, da sowohl Laufkultur als auch die Kraftentfaltung gegenüber den beiden französischen Triebwerken deutlich abfallen.

Auch der Zafira missfällt mit unkultiviertem Lauf, Vibrationen im Innenraum und der Neigung zum Dröhnen bei niedriger Drehzahl. Dafür punktet er mit flotten Fahrleistungen und zeigt sich auf der AZ-Vebrauchsstrecke mit 6,4 l/100 km am sparsamsten. Auch die Werte von Peugeot (7,4 l/100 km), VW (6,9 l/100 km) und Renault (6,7 l/100 km) gehen in Ordnung. Nur der Verso verliert hier den Anschluss an die Konkurrenz, was zum Großteil sicher auf das Konto der Sechsstufenautomatik geht, die zu oft herunterschaltet, anstatt das hohe Drehmoment im unteren Drehzahlbereich zu nutzen. Ein manuelles Sechsganggetriebe wäre hier sicher die bessere Wahl. Leider ist es für den 150-PS-Diesel nicht verfügbar.

Die insgesamt angenehmste Antriebsquelle trägt der Grand Scénic unter der Haube. Der Zweiventiler gefällt mit geschmeidigem Lauf, gleichmäßiger Kraftentfaltung und dezentem Klangbild. Bei den Fahrleistungen muss er den anderen jedoch den Vortritt lassen. Den kraftvollsten Eindruck im Vergleich hinterlässt der Motor des 5008, der dem Franzosen trotz des höchsten Leergewichts zu den besseren Fahrleistungen verhilft.

Die fünf Familienfreunde können auch anders. Sie bieten nicht nur viel Raum, sie überzeugen selbst im Slalom und auf der Rundstrecke. Schnelle Richtungswechsel wie im 18-Meter-Slalom mag besonders der Renault Grand Scénic. Hier unterstützt ihn gut die verbesserte, direkte Lenkung. Ein Eindruck, der sich auch auf dem Rundkurs bestätigt. An die präzise und mit bester Rückmeldung glänzende VW-Lenkung reicht diese jedoch nicht heran. Ein „So eher nicht“ verdient sich die Toyota-Lenkung. Sie arbeitet zu leichtgängig mit großen Lenkwinkeln. Ebenfalls etwas gefühlsarm wirkt das Peugeot-Pendant. Der sportlich-straffe Opel orientiert sich beim Lenkgefühl am VW, kann ihm aber aufgrund des früh eingreifenden ESP auf dem Rundkurs nicht folgen. Noch eher bremst nur der Peugeot seinen vermeintlich übermütigen Fahrer wieder ein. Das Anti-Schleuder-Programm lässt sich nur im fahragilen Touran komplett deaktivieren.

Beim Thema Bremsen trumpft der Toyota Verso mit konstant kurzen Bremswegen von knapp über 35 Metern aus Tempo 100 auf. Jedoch ist die Dosierbarkeit der Bremswirkung schwierig – um einen hohen Bremsdruck zu erreichen, benötigt man im Verso einen langen Pedalweg. Überzeugende Werte liefert der Peugeot 5008. Wie der Toyota realisiert er einen Warmbremswert von 35,3 Metern. Mehr Weg benötigt der Opel bis zum Stillstand. Mit kalter Bremse steht der Rüsselsheimer auf seinen rollwiderstands-optimierten Reifen immerhin erst nach 36,7 Metern, der Warmbremswert beträgt 36,3 Meter.

Hat nur Renault ein Herz für Familien? Der neue Grand Scénic lockt mit einem Grundpreis von 24.500 Euro. Am anderen Ende der Skala verlangt VW für den Touran 2.0 TDI satte 28.525 Euro. Unverständlich: Darin enthalten ist ein Aufpreis von 575 Euro für den Dieselpartikelfilter. Auch Opel ist der Zafira über 28.000 Euro wert. Trotzdem besitzt er dafür weder elektrische Fensterheber und auch – analog zum VW – keine Alu-Räder. Diese Extras gibt’s bei der Testkonkurrenz inklusive, Renault und Toyota rollen serienmäßig sogar auf schmucken 17-Zöllern.

Erschreckend hoch ist der Wertverlust des Opel Zafira: 65,8 Prozent oder 19.720 Euro nach vier Jahren. Einzig Toyota und VW bleiben hier deutlich unter der 60-Prozent-Marke. Die höchste Punktzahl im Vergleich heimst der VW Touran für seine niedrigen jährlichen Wartungskosten (291 Euro) ein. Gerade die Besitzer der beiden französischen Vans (Peugeot: 710 Euro/Renault: 820 Euro) müssen in diesem Punkt erheblich tiefer in die Tasche greifen.

Aus dem geringen Testverbrauch des Opel Zafira resultieren entsprechend niedrige Kraftstoffkosten. Die Abstände zwischen den Kandidaten sind allerdings zu eng, um maßgeblich in diesem Kapitel davon profitieren zu können. Ähnliches gilt für die Versicherungskosten: Der VW Touran punktet hier mit einer niedrigen Vollkasko-Einstufung, die besonders bei Neufahrzeug-Finanzierungen zum Tragen kommt.

Bei den Garantieleistungen scheint nahezu Einigkeit zu herrschen. Nur Toyota verzichtet weiterhin auf eine Mobilitätsgarantie, die sich ein Autoleben lang von Wartung zu Wartung verlängert. Diese hat Peugeot jetzt beim 5008 eingeführt. Allerdings: Der japanische Van wartet als einziger im Test mit einer dreijährigen Technik-Garantie auf.

Drei von fünf Wertungskapiteln gewinnt der Renault Grand Scénic und damit auch deutlich diesen Vergleichstest. Selbst bei der Fahrdynamik hat der günstige Franzose auf den VW Touran aufgeschlossen und muss sich hier nur knapp geschlagen geben. Ein großzügiges Raumangebot, ein kultivierter und sparsamer Motor sowie der überzeugende Fahrkomfort lassen den Renault fleißig Punkte sammeln. Auf dem zweiten und dritten Platz folgen dicht gedrängt der teure VW Touran und der neue Peugeot 5008. Während der VW mit seinem rau laufenden Pumpe-Düse-Motor eine sportlichere Gangart bevorzugt, ist der Peugeot ein angenehm leiser und komfortabler Reisebegleiter mit eingeschränktem Raumangebot in der zweiten Reihe.

Vierter wird der Toyota Verso. Vor allem sein durchdachtes und leicht bedienbares Sitzsystem überzeugt. Weniger gefallen kann die durstige Motor-Getriebe-Kombination. Den geringsten Verbrauch, sieben Sitze serienmäßig und ein straffes Fahrwerk bietet der Opel Zafira seinen Käufern. Der akustisch präsente Motor, das umständlich bedienbare Sitzsystem und der Preis werfen ihn jedoch zurück.